Jetzt bin ich doch sehr neugierig geworden. Flechten sind ja echt der Wahnsinn. Sie sind mit den Pilzen verbandelt - aber im Grunde eine eigene Art. Daher hab ich
mich heute auf die Suche gemacht, um noch mehr kennen zu lernen.
Ah, dort am Wiesenrand steht ein alter morscher Baumstumpf. Und wie erwartet, auch hier ragen kleine, graue Schläuche in die Höhe … vielleicht ein oder zwei
Zentimeter… allerdings fehlen hier die roten Mützen wie bei der Rotkopfflechte. Ist vielleicht eine andere Art, ich frag mal:
„Ja, wir sind keine Rotkopfflechte. Wir gehören zu den
Becherflechten, aber dennoch sind wir beide verwandt.
Wir gehören zum großen Stamm der Cladonia und wir fühlen
uns auch auf nährstoffarmen Böden wohl.“
„Seht ihr alle ähnlich aus?“
„Nein. Manche sind eher keulig, andere fächerförmig,
wie Stifte oder eher Trompentenförmig wie wir “
„Aber farblich seid ihr alle Grau, oder?“
„Wie die Menschen haben auch wir unterschiedliche Hautfarben.
Unser Körperstamm kann durchaus Gelb, Weiß, Tiefrot, Grün,
Schwarz, Orange, Rosa oder Rotbraun sein.“
„Wow - so richtig schön bunt! - Und wie vermehr ihr euch?“
„Die Fortpflanzung überlassen wir dem Pilz in uns. Das heißt wir bilden braune, rote, oder auch mal gelbe Fruchtkörper aus, in denen Pilzsporen enthalten sind. Wenn dann Wassertropfen auf
die äußere Haut tropfen, dann bricht die Hülle auf und die Sporen stauben nur so davon!"
Wie Mehlstaub, der nach dem Einfüllen aus der Verpackung in eine Schüssel, noch über dem Mehl herum wirbelt: Ganz feine, leichte Teilchen, die vom Wind leicht überall hin getragen werden können...
„Lebt ihr nur auf alten verrottenden Baumstämmen?“
„Nein, als Flechten fühlen wir uns auch an sehr unwirtlichen Orten zuhause. Ob Sand, Steine, trockene Felsen. Auch Vulkan oder Gebiete aus Eis stellen für uns kein Problem dar. Die Gemeinschaft aus Alge und Pilz sorgt dafür, dass wir uns überall zuhause fühlen können. Wir erschaffen uns sozusagen unser eigenes Heim, ohne große Hilfe von Außen. Mit Ausnahme, dass es ab und zu regnen sollte und die Luft sauber sein muss. Diese Abgase von Autos und den Industrieschornsteinen sind für
uns eher tödlich. Sie machen uns das Überleben sehr schwer.“
„Viele Wiesenhelden sind in der Lage mit ihren Fähigkeiten ihre Umwelt
auch für andere Lebewesen zu verändern. Könnt ihr das ebenfalls?“
„Klaro! Als Flechte können wir das, was weder eine Alge noch ein
Pilz allein kann. Wir können Flechtensäure herstellen. Mit diesem Stoff wandeln wir Steinboden oder Holz im Grunde in eine Art Erdboden um.“
„Ah, lecker. Diese Vorstufe von Humus fresse ich als Regenwurm sehr gern.
Das lässt sich toll verdauen und dann baut mein Bauch alles zu einem
tollen Nährboden für die Pflanzen um.“
Bis Morgen dann!
Euer Balduin, der Regenwurm
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